Wenn Unternehmen grenzüberschreitend zu handeln beabsichtigen, stellen sich insbesondere zwei Fragen, die getrennt voneinander zu betrachten sind.
- Zum einen ist relevant, nach welcher Rechtsordnung die Streitigkeit behandelt werden soll.
- Zum anderen, welche Gerichte von welchen Staaten zuständig sein sollen.
Hinsichtlich beider Fragen bestehen vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten.
Justizbarometer der EU-Kommission
Die Wichtigkeit der Wahl eines effizienten Gerichtsstands zeigt sich auch anhand des aktuellen „Justizbarometer“ 2016 der EU-Kommission.
Vergleich der spanischen und deutschen Gerichtsstände
Vergleicht man die Gerichtsstände Deutschland und Spanien miteinander, so ergeben sich daraus insbesondere folgende interessante Beobachtungen:
- Was die Dauer erstinstanzlicher gerichtlicher Verfahren in Zivil- und Handelssachen anbelangt, so belegt Spanien mit einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 318 Tagen im Jahr 2014 im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten der EU einen Platz im hinteren Mittelfeld, wo die deutsche Justiz mit durchschnittlich 192 Tagen im vorderen Mittelfeld anzusiedeln ist.
- Vor spanischen Gerichten wird in Zivil- und Handelssachen dabei im Verhältnis zur Einwohnerzahl etwa doppelt so häufig geklagt wie vor deutschen Gerichten.
- Ähnliches ist für die auf Umfragen basierende wahrgenommene Unabhängigkeit staatlicher Gerichte sowohl durch die Allgemeinbevölkerung als auch durch Unternehmen festzustellen: Auch hier stehen die deutschen Gerichte im oberen Mittelfeld relativ gut da, wohingegen Spanien im unteren Mittelfeld anzutreffen ist. Das World Economic Forum sieht die Unabhängigkeit der spanischen Gerichte sogar noch etwas pessimistischer.
Längere Gerichtsverfahren und Klagefreudigkeit in Spanien
Die längere Dauer der Gerichtsverfahren in Spanien mag daran liegen, dass deutsche Richter eher dazu neigen, einen Vergleich zwischen den Parteien zu forcieren. Die hohe Klagefreudigkeit in Spanien ist sicherlich auch Ausdruck davon, dass erst vor Kursem Gerichtsgebühren eingeführt wurden und diese weit unter den in Deutschland üblichen liegen.
Gestaltungsräume nutzen, Gerichtsstände vertraglich vereinbaren
Wenngleich die Situation der spanischen Justiz weit davon entfernt ist, den Gerichtsstand Spanien als gänzlich ungeeignet erscheinen zu lassen, so ist es ratsam, die durch den Unionsgesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielräume zu nutzen und einen anderen Gerichtsstand vertraglich zu vereinbaren. Eine solche Wahl kann entweder zugunsten eines privaten Schiedsgerichts oder eines effizienteren staatlichen Gerichtsstandortes (wie den für deutsche Investoren auch aus praktischen Erwägungen geeigneten deutschen) erfolgen. In jedem Fall sollte die Entscheidung sorgfältig erfolgen.
http://ec.europa.eu/justice/newsroom/effective-justice/news/160411_en.htm