Die EU bestätigt in einem jüngsten Urteil, dass Anwälte ihren Beruf in jedem EU-Land ausüben können, auch wenn sie das Jurastudium und den Anwaltstitel in einem anderen Mitgliedsstaat erworben haben.
Die Niederlassungs-Richtlinie für Anwälte
Den rechtlichen Rahmen für die Freizügigkeit der Rechtsanwälte in Europa bildet die Niederlassungs-Richtlinie 98/5/EG. Laut eines Urteils des EuGH vom 17. Juli 2014 liegt kein Rechtsmissbrauch vor, wenn das Jurastudium und der Anwaltstitel in einem EU-Staat erworben wurden, die Anwaltstätigkeit aber in einem anderen ausgeübt werden soll.
Italiener mit spanischem Jurastudium Auslöser des EuGH Urteils
Zwei Italiener, die sich in eine italienische Anwaltskammer eintragen lassen wollten, nachdem sie ihr Jurastudium erfolgreich in Spanien absolviert hatten, waren der Auslöser des Rechtsverfahrens. Die italienische Rechtsanwaltskammer warf den beiden angehenden Anwälten vor, das Jurastudium in Spanien nur aus dem Grund gemacht zu haben, um das strikte italienische Zulassungssystem für Anwälte zu umgehen.
Ganz entgegen der Erwartung der italienischen Anwaltskammer gab der Europäische Gerichtshof den beiden Italienern Recht, denn eines der Ziele der Niederlassungs-Richtlinie sei, die Ungleichheiten, die durch die nationalen Anforderungen zur Einschreibung in die Anwaltskammern entstehen, abzuschaffen.
Aus Sicht der spanischen Rechtsanwaltskammer kann aus dem Urteil der längst notwendige Schluss gezogen werden, dass es auch für Spanien an der Zeit war, ein Zulassungssystem für den Anwaltsberuf einzuführen.
Jurastudium und Anwaltstitel in Spanien
Spanien war bisher das einzige Land der EU, in dem man sich direkt nach dem Jurastudium in ein Colegio de Abogados, Anwaltskammer, einschreiben konnte und somit die offizielle Berufsbezeichnung erhielt. Das spanische Gesetz sieht erst seit kurzem eine Zulassungsprüfung für Anwälte vor.
Das Thema ist sehr aktuell, denn am 20. Oktober 2014 war der letzte Tag, an dem der Zulassungsantrag für die Prüfung beim Registro General del Ministerio de Justicia (Allgemeines Register des Justizministeriums) präsentiert werden konnte. An dieser Zulassungsprüfung können Anwälte aus anderen EU-Staaten teilnehmen, die keine dreijährige Berufspraxis vorweisen können, aber trotzdem als Anwälte in Spanien aktiv werden möchten.
Mangelnde Sprachkenntnisse und ein fremdes Rechtssystem erschweren die Ausübung des Anwaltsberufs im Ausland
Unzureichende Kenntniss des Rechtssystems anderer EU-Staaten und mangelnde Sprachkenntnisse erschweren es, den Anwaltsberuf in einem anderen EU-Mitgliedsstaat auszuüben.
Was halten deutsche Kanzleien von im Ausland erworbenen Titeln?
Deutsche Kanzleien sehen die ausländischen Anwaltstitel bisher eher als Zusatzqualifikation an und schätzen die deutsche Anwaltsausbildung mit zwei Examina.
Für die Ausübung des Anwaltsberufs in Deutschland mit einem spanischen Anwaltstitel gilt das Gleiche wie für Spanien: als spanischer Anwalt kann man nach Jurastudium, Erhalt des Anwaltstitels (Abogado) und mindestens dreijähriger Berufspraxis oder nach erfolgreicher Eignungsprüfung in Deutschland als Rechtsanwalt tätig werden.