Innerhalb der boomenden FinTech-Branche sind die Peer-to-Peer-Kredite besonders beliebt. Indem diese Kredite direkt von Privatpersonen an Privatpersonen vergeben werden, greifen sie auf die ursprünglichste Form der Geldleihe zurück. Die Durchführung der Transaktionen geschieht dagegen mit Hilfe der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien. Zahlreiche FinTech-Unternehmen betreiben Online-Plattformen wie Bondora, Mintos, Lendico oder Auxmoney, auf denen es mit ein paar Klicks möglich ist, einen Kredit aufzunehmen oder sein Geld in privaten Kreditprojekten anzulegen. Die Banken fallen dabei als Intermediäre weg, wodurch Kosten und Zeit gespart werden können.
Welche Vorteile bieten P2P-Kredite?
Das Ziel der P2P-Kreditplattformen besteht darin, private Kreditgeber und -nehmer zusammenzubringen und zwar so, dass beide Seiten profitieren. Für Kreditnehmer sind P2P-Kredite deshalb interessant, weil sie leichter zu bekommen sind als bei traditionellen Banken. Personen, die kein gesichtertes regelmäßiges Einkommen nachweisen können wie etwa Selbstständige, Rentner oder Studenten, haben bei den Banken meist geringe Chancen auf eine Kreditgewährung. Einen P2P-Kredit kann hingegen prinzipiell jeder über 18 Jahre aufnehmen, sofern er keine Negativ-Merkmale wie etwa Insolvenz oder eine kriminelle Vergangenheit aufweist. Der Kreditnehmer sollte jedoch möglichst genaue Angaben über seine momentane Einkommenssituation, Sicherheiten sowie den Zweck, für den er das Geld benötigt, machen, damit Kreditgeber in sein Projekt investieren. Höhe, Laufzeit und Zinssatz legt er in diesem Fall selber fest. Andere P2P-Kreditplattformen haben bereits vorhandene Hypotheken-, Kfz- und Konsumkredite, die sie Investoren anbieten.
Die Anleger entscheiden ihrerseits, welche Kreditprojekte sie unterstützen und wie viel sie jeweils investieren wollen. Die Geldanlage ist oft bereits ab einem Betrag von 5€ möglich. Angelockt werden die Kreditgeber durch hohe Zinsen, die in der Regel über den Bankenzinssätzen liegen und monatlich ausgezahlt werden. Außerdem wird das Anlagerisiko durch die Investition in unterschiedliche Projekte gestreut.
Bondora nutzt Länderunterschiede aus
Interessant an dem Gechäftsmodell der P2P-Kreditplattform Bondora aus Estland ist, dass sie Kreditgeber und -nehmer aus verschiedenen Ländern zusammenbringt, indem sie die unterschiedliche Finanzlage von Ländern ausnutzt. Die Kreditnehmer stammen vor allem aus Estland, Finnland und aus Spanien, wo besonders hohe Zinsen für Privatkredite üblich sind. Die Investoren wirbt die Plattform hingegen in Niedrigzinsländern wie Deutschland an. Durch die Investition in P2P-Kredite können deutsche Privatanleger höhere Renditen erzielen als mit den klassischen Geldanlagen.
Dieses Geschäftsmodell scheint gut zu funktionieren – mit über 70 Millionen Euro, die es an Krediten ausgegeben hat, gehört Bondora zu den führenden Kreditplattformen in Europa. Ferner plant das Unternehmen die Eröffnung einer neuen Europazentrale, die nun nach dem Brexit-Votum statt in London in Deutschland angesiedelt werden soll. Zusätzlich zu der unterschiedlichen Finanzlage in Deutschland und Spanien, mögen auch die verschiedenen Mentalitäten eine Rolle spielen. Während die Spanier eher bereit sind, Kredite aufzunehmen, um sich begehrte Dinge unverzüglich leisten zu können, legen die Deutschen ihr Geld lieber für zukünftige Ausgaben zurück.
Kosten und Risiken der P2P-Kredite
Bei all den Vorteilen, die die innovativen P2P-Kredite auf den ersten Blick gegenüber traditionellen Banken bieten, birgen sie auch gewisse Kosten und Risiken. Damit der Kreditnehmer Investoren für sein Projekt findet, muss er den Zinssatz relativ hoch setzen, in der Regel über 10%. Hinzu kommen bei vielen Portalen für beide Parteien Gebühren von etwa ein bis drei Prozent des Kredit- oder investierten Betrags. Der Kreditgeber muss seinerseits mit einem Zahlungsausfallrisiko rechnen. Es besteht daneben auch stets die Gefahr, dass das P2P-Startup-Unternehmen insolvent wird und es schwierig wird, als Investor das Geld zurückzubekommen.
Inbesondere der Kreditnehmer sollte überlegen, ob sich diese einfache Art der Geldleihe zu hohen Zinskonditionen gegenüber einem Konsumverzicht tatsächlich lohnt, während der Investor die hohen Renditen gegenüber einem hohen Risiko abwägen muss. Fällt die Entscheidung auf den P2P-Kredit, stehen der Privatperson zahlreiche nationale und internationale Online-Plattformen zur Auswahl, die sich zurzeit ständig verändern und weiterentwickeln.